Beschluss für die Belange muslimisch gelesener Menschen
Beschluss des Landesbeirats für Partizipation vom 25.11.2024
Der Landesbeirat für Partizipation hat beschlossen:
Geschäftsstelle für eine/n unabhängige/n Beauftragte/n für die Belange muslimisch gelesener Menschen
Das Land Berlin wird aufgefordert, eine Geschäftsstelle für eine/n unabhängige/n Beauftragte/n für die Belange muslimisch gelesener Menschen einzurichten. Die Stelle soll hauptamtlich mit einer Stabsstelle ausgestattet werden.
Begründung
In Deutschland leben etwa 5,5 Millionen Menschen muslimischen Glaubens, wodurch der Islam die drittgrößte Glaubensgemeinschaft darstellt. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Menschen, die aufgrund äußerer Merkmale als muslimisch wahrgenommen werden, unabhängig von ihrer tatsächlichen Glaubensrichtung oder Herkunft. Hierzu gehören unter anderem Jesiden, Aleviten, Armenier, Atheisten und Christen aus bestimmten Herkunftsländern. Diese Menschen erleben in der Gesellschaft Diskriminierung und Anfeindungen aufgrund von antimuslimischem Rassismus, obwohl sie teils andere religiöse oder kulturelle Identitäten besitzen.
Antimuslimischer Rassismus ist kein religiöses Phänomen, sondern eine rassistische Konstruktion, die auf äußerlichen Merkmalen basiert und Menschen in ihrer Vielfalt diskriminiert. Laut einer aktuellen Studie der Europäischen Grundrechteagentur (FRA) sind 68 % der Muslim*innen in Deutschland von Diskriminierung betroffen – ein Wert, der über dem EU-Durchschnitt liegt und knapp hinter Österreich (71 %) rangiert. Diese Zahlen zeigen, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um Schutz und Prävention zu verbessern.
Die Beauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, hat sich ebenfalls für verstärkte Maßnahmen ausgesprochen, um antimuslimischen Rassismus in Deutschland und Berlin gezielt zu bekämpfen. Die unabhängige Expert*innenkommission Antimuslimischer Rassismus, die im Jahr 2020 ins Leben gerufen wurde, empfahl diverse Strategien und Maßnahmen, um antimuslimischen Rassismus nachhaltig zu bekämpfen. Der 2023 veröffentlichte Bericht des "Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit" hebt zudem die Notwendigkeit für Beratungs- und Meldestellen mit spezifischer Expertise zu antimuslimischem Rassismus hervor, insbesondere in Schulen.
Es ist entscheidend, dass Sicherheitsbehörden Straftaten, die durch antimuslimischen Rassismus motiviert sind, angemessen erfassen und verfolgen. Die Integration einer unabhängigen Beauftragtenstelle könnte als Bindeglied zwischen Zivilgesellschaft und Verwaltung wirken, Betroffenen eine Stimme geben und gleichzeitig die Verwaltung für die spezifischen Formen des antimuslimischen Rassismus sensibilisieren.
Diese Stelle muss zur Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus fungieren, insbesondere:
Verschärfung der Strafen für rassistisch motivierte Straftaten.
Verlängerung der Verjährungsfristen für Straftaten im Zusammenhang mit Rassismus und Diskriminierung, damit diese länger im Führungszeugnis sichtbar bleiben.
Ausbau der psychosozialen Versorgung in Berlin für Betroffene von Rassismus und Diskriminierung.
Einrichtung einer spezialisierten Abteilung für Antirassismus und Antidiskriminierung bei der Berliner Landespolizei, die diesen Straftatbestand gezielt bearbeitet (unter Einbeziehung des LADG und PartMigG).
Anpassung der Lehrpläne an Berliner Schulen und Bildungseinrichtungen zur interdisziplinären Thematisierung von Diskriminierungs- und Rassismusprävention.
Auf- und Ausbau von Beschwerde-, Melde- und Dokumentationsstellen mit Expertise zu Muslimfeindlichkeit sowie entsprechende Schulungen für deren Beschäftigte.
Einbeziehung von Zivilgesellschaft und Wissenschaft in die Arbeit der Verwaltung.
Rechtsgrundlagen:
Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung (ICERD);
EU-Richtlinie 2000/43/EG;
Artikel 21 der EU-Grundrechtecharta;
Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG); und
Gesetz zur Förderung der Partizipation in der Migrationsgesellschaft (PartMigG).
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